Der wahre Preis für ein Steak

21.07.2014

Eine neue Forschungsarbeit enthüllt die vergleichbaren Umweltkosten für auf Viehzucht basierenden Lebensmitteln

Uns wird gesagt, Rindfleisch essen ist schlecht für die Umwelt, aber wissen wir eigentlich wieviel es wirklich kostet? Sind andere Tiere oder andere Tierprodukte besser oder schlechter? Eine neue Studie des Weizmann Instituts für Wissenschaft, die in Zusammenarbeit mit amerikanischen Wissenschaftlern durchgeführt wurde, vergleicht die Umweltkosten diverser Nahrungsmittel und kam mit überraschend eindeutigen Ergebnissen hervor. Die Entdeckungen, die heute in Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht wurden, werden hoffentlich nicht nur eine Informationsquelle für individuelle Ernährungsmöglichkeiten darstellen, sondern auch für Regierungseinrichtungen, die für Landwirtschafts- und Marketing-Richtlinien verantwortlich sind.


Dr. Ron Milo aus dem Fachbereich Pflanzenwissenschaften am Weizmann Institut hat gemeinsam mit seinem Forschungsstudenten Alon Shepon und mit Tamar Makov von der Yale University sowie Dr. Gidon Eshel in New York unter Berücksichtigung des Umweltaspekts gefragt, welche Art von Nahrungsmitteln von Tieren man verzehren sollte. Obwohl es diverse Studien gibt, die das Problem auf verschiedene Weise angehen, gibt es bisher noch keine gründliche vergleichende Studie, welche ein Bild mit vielen Perspektiven der Umweltkosten für die Herstellung von Nahrungsmitteln von Tieren wiedergibt.

Das Team untersuchte die fünf Hauptquellen für Protein in der amerikanischen Ernährung: Milchprodukte, Rindfleisch, Hühnerfleisch, Schweinefleisch und Eier. Sie wollten den Umweltwert – die Kosten - pro Nährstoffeinheit kalkulieren: eine Kalorie bzw. ein Gramm Protein. Die Hauptherausforderung des Teams war das Formulieren von akkuraten, vertrauenswürdigen Eingabewerten. Zum Bespiel benötigen Rinderherden, die auf wasserarmem Weiden im Westen der USA grasen, enorme Landstriche, aber nur verhältnismäßig wenig Bewässerung. Rinder in Futterplätzen fressen zumeist Mais, für dessen Herstellung weniger Land aber sehr viel mehr Bewässerung und Düngemittel benötigt wird. Die Forscher mussten diese Unterschiede in ihren Berechnungen berücksichtigen aber dennoch Gesamtzahlen festlegen, die die gegenwärtige Praxis wiederspiegelt und damit die wahrhaftigen Umweltkosten für jedes Nahrungsmittel abschätzt.

Die von den Wissenschaftlern untersuchten Daten stammten u.a. von Datenbanken des US-Landwirtschaftsministeriums. Diese Zahlen aus den USA waren ideal, so Milo, weil die Qualität dieser Daten sehr hoch ist und es ihnen ermöglichte, Zahlen des Import-Export-Ungleichgewichts einzubeziehen, die noch zu den eigentlichen Kosten hinzukommen. Die Umwelteingaben, welche das Team benutzte, waren Landnutzung, Bewässerung, Gewächshausgase und Düngemittel. Jeder einzelne dieser Kostenposten stellt ein komplexes Umweltsystem dar. So ist z.B. die Landnutzung der Hauptgrund für den Verlust biologischer Vielfalt, zusätzlich zur Einschränkung dieser wertvollen Landwirtschaftsquelle. Düngemittel verursachen Verschmutzung natürlicher Gewässer.

Sobald alle Zahlen vorlagen, einschließlich der Umweltkosten der unterschiedlichen Futterarten (Weideland, Rohfutter wie Heu und Konzentrate wie Mais), entwickelte das Team Vergleiche, die den Wert der Umweltkosten ergaben – pro Kalorie und dann pro Proteineinheit für jedes einzelne Nahrungsmittel.

Die Berechnungen ergaben, dass die höchsten Kosten bei Rindfleisch entstehen. Milo und Shepon waren keineswegs überrascht. Was überraschte war aber die große Diskrepanz, denn der Verzehr von Rindfleisch stellt sich für die Umwelt nicht nur als sehr teuer heraus, sondern ist sogar etwa zehnmal teurer als der Verzehr von Nahrungsmitteln anderer Tiere, einschließlich Schweine- und Geflügelfleisch. Rinder benötigen im Vergleich zu Nahrungsmitteln wie Eier und Geflügel etwa 28-mal soviel Weideland und 11-mal soviel Bewässerung, sind verantwortlich für 5-mal soviel Gewächshausgase und verbrauchen 6-mal soviel Düngemittel . Bei Geflügel, Schweinefleisch und Milchprodukten ergaben sich sehr ähnliche Berechnungen. Ebenfalls überraschend war, dass man ja bisher stets davon ausgegangen war, Milchprodukte seien relativ umweltfreundlich. Aber die Forschungsstudie ergab, dass der Preis für die Bewässerung und Düngung des Getreides für Milchkühe und die ziemlich hohe Ineffizienz der Kühe im Vergleich zu anderem Viehbestand die Kosten in die Höhe treibt.

Milo meint, dass diese Studie diverse Implikationen haben könnte. Sie könnte Individuen bei der Auswahl der Ernährung und auch bei der Bestimmung landwirtschaftlicher Richtlinien helfen. Das Werkzeug, welches das Forschungsteam zur Analyse von Umweltkosten der Landwirtschaft entwickelt hat, könnte ausgebaut und weiter verbessert werden, insbesondere wenn es um ein besseres Verständnis für die relativen Kosten für pflanzliche Kost oder für Ernährung wie in anderen Nationen geht. Darüber hinaus können solche Vergleiche einen Hinweis auf Bereiche bieten, in denen Verbesserung möglich ist. Modelle, die auf dieser Studie basieren, können politischen Entscheidungsträgern bei ihren Entscheidungen helfen, um Nahrungssicherheit mit umweltverträglichen Praktiken zu garantieren.
 

Dr. Ron Milos Forschungsarbeit wird finanziert von dem Mary and Tom Beck Canadian Center for Alternative Energy Research, dem Lerner Family Plant Science Research Endowment Fund, dem Europäischen Sicherheitsrat, dem Leona M. and Harry B. Helmsley Charitable Trust, von Dana und Yossie Hollander in Israel, der Jacob and Charlote Lehrman Foundation, der Larson Charitable Foundation, dem Wolfson Family Charitable Trust, Charles Rothschild in Brasilien, von Selma Nissenbaum in Brasilien und aus dem Nachlass von David Arthur Barton. Dr. Milo hält den Anna-und-Maurice-Boukstein-Lehrstuhl inne.
 

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