Das Adergewirr entwirren

29.09.2014

Der Fötus im Mutterleib ist vollkommen abhängig von der Blutverbindung mit seiner Mutter. Die Überwachung von Unregelmäßigkeiten im Blutfluss durch die Plazenta könnten daher zur Erkennung von fötalem Stress verhelfen, aber bisher gibt es keine verläßliche Methode zur Kontrolle des Blutflusses der zu frühen Erkennung anderer Anzeichen einer Notlage verhelfen könnte.


Kernspinresonanztomographie (MRI) kann auf sichere Weise während der Schwangerschaft durchgeführt werden, jedoch sind die gegenwärtig zur Verfügung stehenden Methoden der Kernspinresonanztomographien nicht geeignet. Probleme stellen u.a. die Bewegungen des Fötus oder die Atmung der Mutter, die unterschiedlichen Strukturen des Plazentagewebes und die ineinander verwobenen Blutadern der Mutter und des Fötus dar.

In einer neuen Studie mit Mäusen, die mit fortschrittlichen MRI-Methoden durchgeführt wurde, haben Wissenschaftler des Weizmann Instituts jetzt mit noch nie zuvor dagewesenem Detail die Dynamik des Flüssigkeitsflusses innerhalb der Plazenta zeigen können. Es war umso eindrucksvoller, da die Mäuseplazenta nur ungefähr so groß wie ein Groschen ist. Wie kürzlich in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), USA, veröffentlicht wurde, haben sie es geschafft, drei unterschiedliche Arten von Strukturen, die mit Flüssigkeit gefüllt sind, zu identifizieren: mütterliche Blutadern, die für zwei Drittel der Flüssigkeitsübertragung in der Plazenta zuständig sind, fötale Blutadern, die etwa ein Viertel der Flüssigkeit beinhalten, sowie die Zellen, die vom Embryo stammen und die in die mütterlichen Blutgefäße eindringen, was den restlichen Flüssigkeitsfluss und Austausch der Flüssigkeiten von Mutter und Fötus miteinander ausmacht.

Die Forscher fanden außerdem auch heraus, daß das Blut in mütterlichen Blutadern durch Ausbreitung fließt, während der Blutfluß in fötalen Adern, stimuliert durch das Pumpen des fötalen Herzens, viel schneller fließt. In den Zellen, die in die mütterlichen Blutgefäße eingedrungen sind, folgt die Dynamik des Fließens eine Zwischenstufe, d.h. der Fluß erfolgt sowohl durch Ausbreitung als auch durch Pumpen.

Zwei hoch entwickelte MRI-Methoden wurden miteinander verbunden, um eine Studie zu ermöglichen: Eine Methode zielte auf die Überwachung der Ausbreitung ab und die andere zielte auf die Identifizierung von Strukturen mit Hilfe von Kontraststoffen ab. Diese Methoden konnten dank eines neuartigen Scanningverfahrens - spatiotemporale Dekodierung (SPEN), entwickelt am Weizmann Institut, erfolgreich eingesetzt werden. Weil SPEN ultraschnell ist und eine separate Dekodierung von Signalen so unterschiedlicher Stoffe wie etwa Luft oder Fett ermöglicht, haben die Forscher Störungen durch Bewegung oder unterschiedliche Plazentagewebe überwinden können.
Wenn sich die Methode noch sicherer und verläßlicher für den Einsatz beim Menschen verwenden läßt, stellt dieser Ansatz eine große Hoffnung für nicht invasive Methoden zur Entdeckung von fötalem Stress wegen unregelmäßigen Flüssigkeitsfluss durch die Plazenta dar. Besonders hilfreich könnte es sein, wenn schnelle Entscheidungen zur Einleitung von Wehen in so komplizierten Schwangerschaften wie etwa Eklampismus notwendig sind.

Diese Forschungsstudie entstand in gemeinsamer Arbeit von zwei Laboren: das eine unter Vorsitz von Prof. Michal Neeman aus dem Fachbereich Biologische Regulation und das andere geleitet von Prof. Lucio Frydman aus dem Fachbereich Chemikalische Physik. Die Forschungsarbeit wurde von zwei graduierten Studenten, Reut Avni aus dem Neeman-Labor und Eddy Solomon aus dem Frydman-Labor, gemeinsam mit Ron Hadas und Dr. Tal Raz aus dem Fachbereich Biologische Regulation sowie Dr. Peter Bendel vom Chemical Research Support und Prof. Joel Richard Garbow von der Washington University in St. Louis durchgeführt.
 

Prof. Lucio Frydmans Forschungsarbeit wird finanziert von dem Helen and Martin Kimmel Institute for Magnetic Resonanz Research, das er leitet, dem Helen and Martin Kimmel Award for Innovative Investigation, dem Ilse Katz Institute for Material Sciences and Magnetic Resonance Research; der Adelis Foundation, dem mary Ralph Designated Philanthropic Fund of the Jewish Community Endowment Fund, von Gary and Katy Leff in Calabasas Kalifornien, USA, von Paul und Tina Gardner in Austin, Texas, USA, einem Seventh Framework European Research Grant Advanced Grant und der Perlman Family Foundation.
 
Prof. Michal Neemans Forschungsarbeit wird finanziert von dem Henry Krentner Institute for Biomedical Imaging and Genomics, das sie leitet, dem Clore Center for Biological Physics, das sie leitet, dem Kirk Center for Childhood Cancer and Immunological Disorders, das sie leitet, dem Leona M. And Harry B. Helmsley Charitable Trust, der Carolito Stiftung, der Adelis Foundation, von Andrew Adelson in Kanada, der US-Israel Binational Science Foundation und dem Seventh Framework European Research Grant Advanced Grant. Prof.Neeman hält den Helen-und-Morris-Mauerberger-Lehrstuhl in Biologischen Wissenschaften inne.
 

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