Ein einzigartiger Ein-Aus-Schalter für die Reaktion auf Stress

23.02.2012

Wenn wir eine Bedrohung spüren, wird unser Hirnzentrum, das Reaktionen dirigiert, aktiv und setzt eine Kette von biochemischen Reaktionen in Bewegung, die zur Abgabe von Cortisol – einem wichtigen Stresshormon - aus den Nebennieren führt.


Dr. Gil Levkowitz und sein Team im Fachbereich Molekulare Zellbiologie haben jetzt einen neuen Ein-Aus-Schalter im Gehirn enthüllt, der die Produktion eines wichtigen biochemischen Signals aus dem Gehirn zur Anregung der Abgabe von Cortisol in den Körper reguliert. Dieses Forschungsergebnis, das kürzlich in Neuron veröffentlicht wurde, könnte für die Erforschung zahlreicher neurologischer Störungen in Verbindung mit Streß relevant sein.


Dieses Signal isteinCorticotropin-Releasinghormon (CRH). CRH wird in besonderen Neuronen im Hypothalamus hergestellt und gespeichert. In dieser kleinen Hirnregion wird eine Gefahr registriert, die Information verarbeitet und die Befehle, welche die Streß-Reaktionskette in Bewegung setzt, werden ausgegeben. Sobald der Vorrat der Neurone in CRH nahezu ausgeschöpft ist, erhalten sie bereits die Anweisung weitere Hormonmengen zu produzieren.


Die Forschungsarbeit wurde im Labor von Levkowitz unter der Leitung von Dr. Liat Amir-Zilberstein gemeinsam mit Dr. Janna Blechman, Dr. Adriana Reuveny und Dr. Nataly Borodovsky und Maayan Tahor an Zebrafischen durchgeführt. Das Team fand ein Protein, dass sich Otp nennt und in diverse Stufen der CRH-Produktion involviert ist. Außerdem aktiviert es die Gene, die CRH codieren, und reguliert die Produktion von verschiedenen Rezeptoren auf der Neuronenoberfläche, die CRH-Produktionssignale erhalten und weitermelden. Im Grunde handelt es sich hier also um einen Ein-Aus-Schalter.


Das Team fand heraus, dass beide Rezeptoren auf einem einzigen Gen codiert sind. Um also gleich zwei Rezeptoren zu erhalten, reguliert das Otp einen Gen-Bearbeitungsprozeß, der sich alternatives Spleißen nennt, bei dem einige der Elemente der Sequenz, codiert in einem Gen, ausgeschnitten und anderswo auf der Sequenz neu eingesetzt werden und damit eine unterschiedliche Variante herstellen. In diesem Fall läßt es zwei Varianten eines Rezeptors genannt PAC1 entstehen: Die Kurzversion produziert den Einschalt-Rezeptor; die Langversion mit einer zusätzliche Sequenz codiert den Ausschalt-Rezeptor. Die Forscher fanden heraus, dass der CRH-Vorrat aufgestockt wird, sobald die Gefahr vorbei ist und das Verhältnis zwischen den beiden Typen der PAC1-Rezeptoren auf der Neuronen-Oberfläche allmählich von Ein auf Aus übergingen. In Zusammenarbeit mit Dr. Barbara Bally-Cuif und Dr. William Norton vom Alfred-Fessard-Institut für Neurobiologie am Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in Frankreich konnten die Wissenschaftler zeigen, dass das Blockieren der Produktion einer langen Rezeptorvariante Angstverhalten in Zebrafischen hervorruft.


Gemeinsam mit Dr. Alon Chen und Dr. Yehezkel Sztainberg aus dem Fachbereich Neuobiologie fand das Levkowitz-Team den gleichen alternativ gespleißten Schalter bei Mäusen. Diese Konservierung des Mechanismus über die Evolution von Fischen und Mäusen impliziert, dass die CRH-Produktion auf ähnliche Weise auch im menschlichen Gehirn ein- und ausgeschaltet wird.


Ein defekter Schaltmechanismus könnte in einer Vielzahl von stressbedingten Störungen eine Rolle spielen. Der PAC1-Rezeptor wurde kürzlich in Zusammenhang mit post-traumatischen Streßstörungen und auch mit Schizophrenie und Depression in Verbindung gebracht. Defekte Funktionen beim alternativen Spleißen wurden auch mit Epilepsie, geistiger Behinderung, bipolarer Störung (manisch-depressive Erkrankung)und Autismus assoziiert.

 

Dr. Gil Levkowitz´ Forschungsarbeit wird finanziert aus dem Nachlass von Lore Lennon, von dem Kirk Center for Childhood Cancer and Immunological Disorders und dem Irwin Green Alzheimer´s Research Fund. Dr. Levkowitz hält den Tauro-Lehrstuhl für Karriereentwicklung in biomedizinischer Forschung inne.

Dr. Alon Chens Forschungsarbeit wird finanziert von dem Nella and Leon Benoziyo Center for Neurosciences, dem Nella and Leon Benoziyo Center for Neurological Diseases, dem Europäischen Forschungsrat (ERC), von Roberto und Renata Ruhman in Brasilien, Martine Turcotte und Freunde in Kanada, Mark Besen und der Pratt Foundation in Australien, aus dem Nachlass von Nathan Baltor, aus dem Nachlass von Lola Asseof und dem Women´s Health Research Center, finanziert vom Bennett-Pritzker Endowment Fund, dem Marvelle Koffler Program for Breast Cancer Research, dem Harry and Jeanette Weinberg Women´s Health Research Endowment and dem Oprah Winfrey Biomedical Research Fund. Dr. Chen hält den Philip-Harris-und-Gerald-Ronson-Lehrstuhl für Karriereentwicklung inne.

 

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