Neue Hoffnung für Patienten mit Morbus Gaucher

14.01.2014

Was führt zu Hirnschaden und Entzündungen beim Gaucher-Syndrom? Man weiß nur wenig über die Gründe, die bei manchen Formen von Morbus Gaucher zu Hirnpathologien führen und derzeit gibt es auch keine Behandlung - sehr düstere Aussichten für Patienten und ihre Familien. Nun haben Wissenschaftler des Weizmann Instituts einen neuen zellulären Signalweg entdeckt, der das Gaucher-Syndrom zur Folge zu haben scheint. Diese Entdeckung, die heute in Nature Medicine veröffentlicht wurde, könnte neue therapeutische Ansätze für die Behandlung dieser Krankheit und anderer ähnlicher Störungen bieten.


 Das Gaucher-Syndrom ist eine Erbkrankheit, die hauptsächlich unter der aschkenasisch-jüdischen Bevölkerung verbreitet ist. Der Grund ist ein bestimmtes beschädigtes Enzym, genannt Glucocerebrosidase, das für den Fettstoffwechsel bzw. für den Abbau der Fettsubstanz oder des Glucocerebrosid genannten Lipids benötigt wird. Das Resultat ist die Anreicherung von Glucocerebrosiden in diversen Zellen und Organen, die ihre normale Funktion verhindern. Es gibt drei Untergruppen der Krankheit: Am meisten verbreitet ist Typ 1, der sich u.a. neben Lungen- und Knochenproblemen durch die Anschwellung und Vergrößerung der Milz und Leber und Beeinträchtigung ihrer Funktionsfähigkeit auszeichnet. Diese Symptome kommen auch bei Individuen mit Typ 2 und Typ 3 des Gaucher-Syndroms vor, aber diese unterscheiden sich vom Typ 1 durch die hinzukommenden neurologischen Auswirkungen: Typ 2 – die schwerste Form der Krankheit - führt zu erheblichem Hirnschaden und zum Tode noch vor dem 2. Lebensjahr. Typ 3 der Krankheit ist eine fortgeschrittenere Form, die sich auf das Gehirn auswirkt und die Patienten leben zumeist bis ins Jugend- oder junge Erwachsenenalter.


Aber was ist der Grund für diesen massiven Verlust der Nervenzellen im Typ 2 und 3 des Gaucher-Syndroms? Kürzlich wurde gezeigt, daß bestimmte biochemische Prozesse, in denen das Protein RIP3 eine Hauptrolle spielt, Zelltod und Entzündungen hervorrufen, die dramatische Auswirkungen in diversen Krankheiten haben. Dr. Einat Vitner und M.Sc.-Student Ran Salomon stellten sich im Labor von Prof. Tony Futerman im Fachbereich Biochemie die Frage, ob der Grund vielleicht in den fehlenden Verbindungen beim Verständnis der molekularen Kettenreaktionen zu finden ist, die zu Entzündungen des Gehirns und zum Absterben von Nervenzellen im Gaucher-Syndrom führen. Um dies herauszufinden, induzierten sie sowohl bei Mäusen mit dem RIP3-Protein als auch Mäusen ohne dem RIP3-Protein die Gaucher-Krankheit. Die Mäuse ohne das RIP3-Protein zeigten nicht nur eine deutliche Verbesserung in der motorischen Koordination und der Hirnpathologie, sondern auch bessere Leber- und Milzfunktionen. Ihre Lebenserwartung steigerte sich um etwa 35 weitere Tage auf mehr als 170 Tage.


Vitner: "Diese Ergebnisse sind erstaunlich, denn sie suggerieren ein plausibles neues Ziel für therapeutische Eingriffe bei allen Formen von Morbus Gaucher. Sie geben Hoffnung auf eine in Zukunft deutlich bessere Lebensqualität dieser Patienten."


In der Tat gibt es zwar eine effektive Enzymersatz-Therapie, bei der Gaucher-Patienten mit Injektionen einer intakten Version dieses Enzyms, verantwortlich für den normalen Abbauch des Lipids bei gesunden Menschen, behandelt werden, aber die Kosten für diese lebenslange Behandlung belaufen sich auf etwa jährlich $ 200.000 pro Patient. Darüber hinaus ist das Enzym nicht dazu fähig bis ins Gehirn vorzudringen, da es die Blut-Hirn-Schranke nicht zu durchdringen vermag. Somit bleibt diese Behandlung bei den neurologischen Symptomen von Typ 2 und Typ 3 des Gaucher-Syndroms unwirksam. Außerdem sind dringend bezahlbare und alternative Behandlungsmethoden vonnöten.


"Wenn er erfolgreich ist, könnte der neue Ansatz entweder für ergänzende oder alternative Therapien für das Gaucher-Syndrom eingesetzt werden. Sollte sich RIP3 als "heißer" zellulärer Signalweg in diversen Krankheitsbildern erweisen, könnten diese Ergebnisse auch Implikationen für andere neurodegenerative Krankheiten haben, einschließlich verwandter Krankheiten wie das Krabbe-Syndrom sowie andere zerstörerische Hirnkrankheiten," sagt Futerman.

 

Der Kinder-Gaucher-Forschungsfond

Zu Beginn handelte es sich um einen Gedenkfond für ihren Sohn Gregory, der im Alter von vier Jahren am neuronopathischen Gaucher-Syndrom (nGD) starb, aber allmählich haben Greg und Deborah Macres den "Children´s Gaucher Research Fund" in eine gemeinnützige Wohltätigkeitsorganisation verwandelt, die seit ihrer Gründung im Jahre 1999 über zwei Millionen Dollar Spendengelder einbringen konnte. In dieser Grassrootsorganisation in Kalifornien, USA, fließen 100% der Spendengelder direkt in die Forschung und Verwaltungskosten werden von den Macres selbst getragen. Die Organisation wird von Eltern finanziert, die ihre Kinder wegen nGD verloren haben, und sie hat die Erforschung von Therapien für Typ 2 und Typ 3 des Gaucher-Syndroms ermöglicht, genau wie sie im Labor von Prof. Tony Futerman am Weizmann Institut durchgeführt wird. Außerdem bietet sie Familien mit Kindern, die diese Krankheit bekämpfen, finanzielle Unterstützung.


Greg: "Wir haben in 2001 begonnen, Tony zu unterstützen und sind ihm für sein Engagement bei der Suche nach Behandlungsmethoden sehr dankbar, denn nur sehr wenige Wissenschaftler haben dafür Interesse gezeigt. Seine neue Entdeckung, die bedeutende Auswirkungen nicht nur auf das neuronopathische Gaucher-Syndrom sondern auch auf bemerkenswerte Weise auf das Krabbe-Syndrom hat, stellt für uns eine Ermutigung dar. Wir hoffen, daß es eines Tages möglich sein wird, unser Ziel zu erreichen und ein Arzt zu verängstigten Eltern eines kranken Kindes wird sagen können: "Machen Sie sich keine Sorgen, wir haben eine Heilmethode."

 


Prof. Anthony H. Futermans Forschungsarbeit wird finanziert vom Nella and Leon Benoziyo Center for Neurological Diseases unter seiner Leitung, dem M.D. Moross Institute for Cancer Research und der Carolito Stiftung. Prof. Futerman hält den Joseph-Meyerhoff-Lehrstuhl für Biochemie inne.
 

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