Neue Stammzellen reichen sogar noch weiter zurück

31.10.2013

Wissenschaftler haben neue pluripotente menschliche Stammzellen isolieren können, die dazu fähig sind, "vermenschlichte" Mausmodelle mit menschlichen Geweben herzustellen

Eines der Hindernisse beim medizinischen Einsatz von menschlichen embryonalen Stammzellen liegt gerade darin, dass sie so vielversprechend sind: Sie werden geboren, um sehr schnell in andere Zelltypen zu differenzieren. Bisher haben es die Wissenschaftler nicht geschafft, embryonale Stammzellen in ihrem ursprünglichen Stammzellenstadium aufzubewahren. Die Alternative, welche man für embryonale Stammzellen vorgeschlagen hat, ist das Reprogrammieren von Erwachsenenzellen, die sich induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen) nennen, die aber ähnliche Beschränkungen aufweisen. Obwohl diese sich zwar in viele verschiedene Zelltypen differenzieren können, weisen auch sie Anzeichen einer "Vorbereitung" auf – d.h. ihrer Bestimmung zu einer ganz bestimmten Zelltyp. Ein Team am Weizmann Institut für Wissenschaft hat nun einen großen Schritt vorwärts zur Beseitigung dieses Hindernisses geschafft: Die Wissenschaftler haben iPS-Zellen kreiert, die ein "reset" in ihr früheste Ursprungsstadium aufzeigen und in diesem Stadium verbleiben. Diese Forschungsarbeit könnte möglichweise in Zukunft den Weg dazu ebnen, dass man Transplantationsorgane auf Bestellung heranwachsen laesst.


Seit sie erstmals im Jahre 2006 hergestellt wurden, hat man für iPS-Zellen als einen ethischen und praktischen Ersatz für embryonale Stammzellen geworben. Sie wurden geschaffen, indem man vier Gene in das Genom von erwachsenen Stammzellen, wie z.B. Hautzellen, einsetzt. Damit wird die Entwicklungsuhr der Zellen fast vollständig zurückgedreht, aber eben nicht ganz zurück, was diese Zelle in einem embryonalen Stadium zurückläßt, das einer Stammzelle sehr ähnelt. Dr. Jacob Hanna und sein Team aus dem Fachbereich Molekulargenetik am Institut, einschließlich der Forschungsstudenten Ohad Gafni und Leehee Weinberger sowie Forscher an Israels National Center for Personalized Medicine, stellten fest, dass die Insertion von Genen zum "reset" der Stammzellen nicht ausreicht. Man muß auch den Drang der Zelle sich zu differenzieren stoppen.

Ein Hinweis hierfür war die Tatsache, daß embryonale Stammzellen bei Mäusen sich in vielen Laborexperimenten sehr leicht in ihrem Ursprungs- oder Geburtsstadium bewahren lassen, ohne daß sie einige der anderen Probleme aufweisen wie bei embryonalen Stammzellen des Menschen. Hanna und sein Team nahmen an, dass wenn sie nur verstehen könnten, wie die embryonalen Stammzellen der Mäuse es schaffen, im Labor nicht zu differenzieren, sie dies auch mit menschlichen Stammzellen schaffen könnten. Mithilfe von Labortests und genetischen Analysen entwickelten sie eine "Behandlung" für iPS-Zellen in Petrischalen, um den vorprogrammierten genetischen Weg zur Differenzierung mindern.

Danach injizierten sie die behandelten iPS-Zellen in Mäuse-Blastozyten – d.h. embryonen in sehr frühem Stadium - die nur wenige Zellen enthalten. Wenn die iPS-Zellen des Teams wahrhaftig brauchbare Ursprungszellen wären, könnten sie gemeinsam mit den Mäusezellen aufwachsen. Durch Hinzufügen eines fluoreszierenden Markers in die iPS-Zelle war es möglich, sie in den Entwicklungsstadien eines Embryos zu verfolgen. Nach 10 Tagen zeigten die fluoreszierenden Bilder in der Tat auf, dass die Embryonen sowohl Mäuse- als auch menschliches Gewebe enthielten.

Hanna: "Diese Zellen korrespondieren mit den frühen Stadien menschlicher embryonaler Stammzellen, die isoliert wurden. Wir schafften es, ein wirklich sehr flüchtiges Stadium festzuhalten und ein neues frühes pluripotentes Stadium der Stammzelle herzustellen." Diese Forschungsergebnisse könnte zu vielen Anwendungen in der biomedizinischen Forschung führen, insbesondere in der Gen-Therapieforschung sowohl als auch in der Gentechnik. Hanna und sein Team planen die "vermenschlichten" Mäuseembryonen weiter zu untersuchen, denn sie hoffen, Wege zur Herstellung funktioneller Organe aus menschlichem Gewebe zu finden.
 

Human naïve iPS-derived cells (yellow/green) integrating into different tissues of a developing host mouse embryo (red cells)


Dr. Jacob Hannas Forschungsarbeit wird finanziert von Pascal und Ilana Mantoux, Frankreich/Israel, dem Leona M. And Harry B. Helmsley Charitable Trust, dem Sir Charles Clore Research Prize, dem Benoziyo Endowment Fund for the Advancement of Science, von Erica A. Drake und Robert Drake, dem Europäischen Forschungsrat, der Fritz Thyssen Stiftung, dem Israel Cancer Research Fund, dem BIRAX-Programm und der Israel Science Foundation (die BIKURA- und I-CORE-Progamme).
 

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