Nicht nur in DNA’s Hand

11.08.2014

Epigenetik hat grossen Einfluss auf die Blutbildung

Blutstammzellen besitzen das Potenzial sich in jedwede Art von Blutzelle zu verwandeln, entweder in eine rote Blutzelle, die Sauerstoff transportiert, oder in diverse Typen weißer Blutzelle des Immunsystems, die bei der Bekämpfung von Infektionen helfen. Wie aber wird das Schicksal dieser Stammzellen bestimmt? In ihren ersten Forschungsergebnissen zeigen Wissenschaftler des Weizmann Instituts und der Hebräischen Universität in Jerusalem eine Neudefinierung der Entstehung der Blutstammzellen mit Hilfe einer von ihnen entwickelten epigenetischen Analysemethode.


Einsicht in die epigenetischen Mechanismen (d.h. Umwelteinflüsse und nicht Genetik) des Zellenschicksals könnten zur Erkennung molekularer Mechanismen vieler Krankheiten führen, einschließlich immunologischer Erkrankungen, Anämie, Leukämie und diverser anderer Störungen. Auch zeigt sich, dass diverse Umweltfaktoren und Lebensstil eine wichtige Rolle in der Gestaltung unseres Schicksals spielen.

Der Prozess der Differenzierung – bei der eine Stammzelle sich in eine spezialisierte reife Blutzelle verwandelt – wird von eine Serie von Vorfällen kontrolliert, bei der bestimmte Gene in einer ganz bestimmten und akkuraten Abfolge "ein-" und "ausgeschaltet" werden. Die Anleitungen dieses Prozesses sind in der DNA selbst in kurzen regulierten Folgen enthalten. Normalerweise befinden sich diese regulierenden Bereiche in einem "geschlossenen" Stadium, verdeckt von speziellen Proteinen, die sich Histon-Proteine nennen, um eine unbefugte Aktivierung zu verhindern. Diese DNA-Maske muss, um diese Anleitungen zu "aktivieren", durch epigenetische Modifizierung der Histon-Proteine "geöffnet" werden, damit der notwendige Mechanismus gelesen werden kann.

In einer Forschungsarbeit, die in Science veröffentlicht wurde, haben Dr. Ido Amit und David Lara-Astiaso aus dem Fachbereich Immunologie am Weizmann Institut gemeinsam mit Prof. Nir Friedman und Assaf Weiner von der Hebräischen Universität in Jerusalem erstmals die Histon-Protein-Dynamik während der Blutentwicklung aufgezeichnet. Dank der von ihnen entwickelten neuen Methode für epigenetische Aufzeichnung, bei der nur eine Handvoll Zellen – nur etwa 500 –getestet und auf akkurate Weise analysiert werden konnten, haben sie sowohl exakte DNA-Folgen als auch verschiedene regulierende Proteine identifiziert, die bei der Regulierung des Schicksals der Blutstammzellen involviert sind.

Ihre Forschungsarbeit führte zu unerwarteten Ergebnissen: Etwa 50% solcher regulierenden Sequenzen entstehen und öffnen sich im Zwischenstadium der Zellentwicklung. Epigenetik ist demnach in Stadien aktiv, in denen man bisher annahm, dass das Zellenschicksal bereits festgelegt ist. "Dies verändert unser Verständnis des Prozesses der Entstehung der Blutstammzellen," sagt Lara-Astiaso, "was darauf schliessen läßt, dass der Prozess weitaus dynamischer und flexibler ist als bisher angenommen."

Obwohl diese Forschungsarbeit an Blutstammzellen von Mäusen durchgeführt wurde, sind die Wissenschaftler überzeugt, dass der Mechanismus auch für andere Zelltypen gilt. "Diese Forschungsarbeit hat zu grosser Begeisterung in der Wissenschaft geführt, weil sie eine Grundlage zur Erforschung dieser regulierenden Elemente beim Menschen darstellt," sagt Weiner. Die Entdeckung der exakten regulierenden DNA-Sequenzen, die das Schicksal der Stammzellen kontrollieren, und der Einblick in ihren Mechanismus versprechen bei der zukünftigen Entwicklung diagnostischer Werkzeuge zu helfen, bei der Entwicklung einer persönlich zugeschnittenen Medizin, und mit Einflußnahme über die Ernährung und darüber hinaus vielleicht auch durch Entwicklung einer regenerativen Medizin die Erwirkung einer Reprogrammierung des vollen Stammzellenpotenzials.
 
 
Dr. Ido Amits Forschungsarbeit wird finanziert von dem M.D. Moross Institute for Cancer Research, dem J&R Center for Scientific Research, der Jeanne and Joseph Nissim Foundation for Life Sciences Research, dem Abraham Family Center for Young Scientists, dem Wolfson Family Charitable Trust, der Abisch Frenkel Foundation for the Promotion of Life Sciences, dem Leona M. and Harry B. Helmsley Charitable Trust, Sam Revusky in Kanada, dem Florence Blau, Morris Blau and Rose Peterson Fund, aus dem Nachlass von Ernst und Anni Deutsch, aus dem Nachlass von Irwin Mandel und aus dem Nachlass von David Levinson. Dr. Amit hält den Alan-und-Laraine-Fischer-Lehrstuhl inne.
 

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