Wie sich Zellen vor dem Hungertod schützen

23.02.2012

Zucker, Cholesterin, Phosphat, Zink – ein gesunder Körper schafft es auf erstaunlich gute Weise, diese lebensnotwendigen Nährstoffe innerhalb der Zelle auf dem richtigen Niveau zu halten. Aus rein technischer Sicht müßte eine Allzweckpumpe auf der Zelloberfläche ausreichen, um diese Niveaus auf konstantem Stand zu halten: Wenn z.B. die Konzentration eines Nährstoffs wie Zucker in der Zelle sinkt, könnte die Pumpe doch einfach solange schneller arbeiten, bis der Zuckerspiegel wieder normal ist. Aber in den Zellen arbeiten zwei Arten von Pumpen: Eine Pumpe für "gute Zeiten", wenn ein bestimmter Nährstoff in der Zellumgebung reichhaltig vorhanden ist, und eine andere Pumpe für "schlechte Zeiten", die zu arbeiten beginnt, sobald die Nährstoffspiegel sinken. Es stellt sich die Frage, wieso eine Zelle diesen Doppelmechanismus benötigt?


Eine neue Studie des Weizmann Instituts, über die in Science berichtet wurde, könnte diese Frage möglicherweise beantworten. Diese Forschungsarbeit wurde in Prof. Naama Barkais Labor im Fachbereich Zellgenetik vom promovierten wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Sagi Levy und dem Doktoranden Moshe Kafri gemeinsam mit der Labortechnikerin Miri Carmi durchgeführt.


Bereits seit längerem ist bekannt, dass beim Sinken der Phosphat- oder Zinkspiegel im Umfeld einer Hefezelle die Zahl der sogenannten "Pumpen für schlechte Zeiten" auf der Zelloberfläche auf das Hundertfache ansteigt. Wenn Phosphat oder Zink wieder in Fülle vorhanden sind, ziehen sich die "Pumpen für schlechte Zeiten" zurück und die "Pumpen für gute Zeiten" kehren erneut in großer Anzahl auf die Zelloberfläche zurück.


In ihrer neuen Studie haben die Wissenschaftler entdeckt, dass Zellen, die ihre "Pumpen für schlechte Zeiten" unterdrücken, wenn ein Nährstoff reichlich vorhanden ist, sich viel effizienter auf Hungerphasen und auf die Erholung danach vorbereiten als Zellen, die gegen eine solche Unterdrückung genetisch manipuliert wurden. Die Schlußfolgerung: "Pumpen für gute Zeiten" fungieren scheinbar als Signalmechanismus, um die Hefezelle vor der nahenden Hungerphase zu warnen. Eine solche Vorwarnung gibt der Zelle mehr Zeit, um den knapp werdenden Nährstoff zu speichern; die gründliche Vorbereitung hilft der Zelle auch dabei, schneller zu wachsen, sobald die Hungerphase vorbei ist.


Somit scheint das Dualpumpsystem Teil eines regulären Mechanismus zu sein, der es der Zelle ermöglicht, auf effektive Weise mit Fluktuationen im Nährstoffbestand umzugehen. Dieser schlaue Mechanismus bietet der Zelle Überlebensvorteile, die mit nur einer Art von Pumpe nicht möglich wären.


Wenn diese Forschungsergebnisse sich auf menschliche Zellen anwenden lassen, könnten sie erklären, wie unsere Körper adäquate Niveaus verschiedener Nährstoffe in Geweben und Organen beibehalten. Ein tiefergreifendes Verständnis der Dualpumpregulierung scheint sehr wichtig, da sie für verschiedene metabolische Störungen verantwortlich sein könnte.

 

Prof. Naama Barkais Forschungsarbeit wird finanziert von dem Helen and Martin Kimmel Award for Innovative Investigation, der Jeanne and Joseph Nissim Foundation for Life Sciences Research, der Carolito Stiftung, Lorna Greenberg Scherzer in Kanada, aus dem Nachlass von John Hunter, der Minna James Heinemann Stiftung, dem Europäischen Forschungsrat (ERC) und aus dem Nachlass von Hilda Jacoby-Schaerf. Prof. Barkai hält den Lorna-Greenberg-Scherzer-Lehrstuhl inne.
 

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